27.2.2024

Patient:innen sind Expert:innen

Wir wollen nicht über Patient:innen reden, sondern mit ihnen — denn wir sind überzeugt, dass wir den Menschen, die am Kern von Herausforderung sind, eine Stimme geben müssen, die gehört wird. Denn nur die Menschen, welche die Erfahrungen selbst erlebt haben, können auch wirklich darüber berichten.

«…und ich sass dort als Patientin und hab mir gedacht, ihr alle lebt nicht damit, ihr wisst nicht wie es ist, um 3 Uhr morgens durch einen tiefen Blutzucker aufzuwachen…»

 Laura Burlando, lebt mit Typ 1 Diabetes und setzt sich als Patient Advocate ein

Was bedeutet Patient:innenzentrierung? 

In der Definition von Patient:innenzentrierung geht es darum, dass Patient:innen als einzigartige Persönlichkeiten wahrgenommen und nicht auf ihre Erkrankung reduziert werden (Balint, 1969). In der patient:innenzentrierten Versorgung wird der Fokus darauf gelegt, die individuellen Bedürfnisse, Präferenzen und Werte zu berücksichtigen und in die klinischen Entscheidungen miteinzubeziehen sowie die Entwicklung von Gesundheitsservices, Produkten und Dienstleistungen darauf auszurichten.

Warum bringst du dich als Patient:in ein? 

Die Perspektive der Expert:innen 

Patient:innen werden durch ihre Erfahrungen aus der Patientenperspektive oftmals selbst zu Expert:innen in dem jeweiligen Gebiet und können damit wertvolle Insights aus ihrer einzigartigen Perspektive einbringen. Als Patient:in befasst man sich intensiv mit den eigenen Symptomen, möglichen Hilfestellungen und auch aktuellen Studien rund um die Erkrankung. Dieses Wissen zusammen mit den eigenen Erfahrungen aus der Praxis sind unglaublich bedeutend und sollten in der Entwicklung von neuen Services, Dienstleistungen und Produkten weit mehr berücksichtigt werden, als sie es heute tun. 

«Ich habe jährlich mindestens 58 Arzttermine aufgeteilt auf 11 verschiedene Abteilungen.»

Jennifer Woods, lebt mit Carney-Komplex (einem seltenen Gendefekt) und setzt sich als Patient Advocat und stellv. Patientenvertreterin CPCR SAMW ein

In anderen Branchen gehört es schon fast zum Alltag Kund:innen und Endnutzer:innen einzubeziehen. Wir sind der Überzeugung, dass hier noch viel Potential für das Gesundheitswesen liegt.

Mehrwert für alle Beteiligten 

Das aktive Einbeziehen von Patient:innen in Entscheidungen über ihre Gesundheit stärkt ihre Gesundheitskompetenz. Sie werden besser in der Adhärenz, sprich sie halten sich eher an die Vorschriften, die Ihnen das Gesundheitspersonal gibt. Durch die bessere Steuerung der Patien:tinnen in ihren Behandlungs-Journeys können auch die Gesundheitskosten reduziert werden. Eine Studie zeigte, dass bei Patient:innen die sich aktiv engagieren ca. 8% an Gesundheitskosten eingespart werden können (Medical Care, 2003). Der Einbezug der Patient:innen ist nicht nur für sie selbst gewinnbringend, sondern kann auch für das ganze Gesundheitswesen positive Effekte erzielen. Die Patient:innensicherheit kann erhöht werden, Patient:innen berichten von besseren Erlebnissen oder waren zufriedener mit den Gesundheitsservices, die sie in Anspruch nehmen.

Was ist dir als Patient:in in der Zusammenarbeit wichtig? 

Zusammenarbeit mit Patient:innen

In unserer Zusammenarbeit streben wir danach, eine partnerschaftliche Beziehung mit Patient:innen zu pflegen, sie auf Augenhöhe zu involvieren und gemeinsam Projekte zu entwickeln. Mit allen Beteiligten gehen wir dabei stets respektvoll und wertschätzend um und fördern durch Empathie und Verständnis die psychologische Sicherheit.

«Patient:innen und Angehörige werden nicht nur als Empfänger:innen von Leistungen gesehen, sondern als aktive Partner:innen im gesamten Prozess.»

Carina, Laura und Nina, Gründerinnen von uma collective

Wie möchtest du als Patient:in wahrgenommen werden? 

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Vielen Dank an Laura Burlando, Carina Bobzin, Jacques Zuber, Jennifer Woods und Michael Rubertus für eure Offenheit in den Gesprächen, euer Engagement und eure unermüdlichen Einsatz das Gesundheitswesen menschlicher zu gestalten. 

Carina Bobzin, Angehörige einer Tochter (diese lebt mit 
Overlap Syndrom AIH,PSC und UC) und setzt sich als Präsidentin Schweizer Leberpatienten Verein Swiss HePa ein. 

Jacques Zuber, lebt mit einem Aortenklappenersatz und einer Aorten-Prothese uns setzt sich als Mitglied des Betroffenenrat bei der Schweizerischen Herzstiftung ein.

Jennifer Woods, lebt mit Carney-Komplex (einem seltenen Gendefekt) und setzt sich als Patient Advocate und stellv. Patientenvertreterin CPCR SAMW ein.

Laura Burlando, lebt mit Typ 1 Diabetes und setzt sich als Patient Advocate ein.

Michael Rubertus, lebt mit einem Gendefekt und setzt sich als Co-Leiter Patientenbeirat bei der Patientenorganisation SPO ein.

Musik: Nola Kin, Fallstreak